20  BUNDESAMT  FÜR  ZIVILLUFTFAHRT  BAZL

 

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Zielkonflikt

Das BAZL ist mit einem Sitz im Verwaltungsrat des EuroAirports vertreten. In der Doppelfunktion besteht ein direkter Zielkonflikt zwischen der Wahrung von Flughafeninteressen einerseits und den Aufgaben des BAZL als Aufsichtsorgan über die Luftfahrt und deren nachhaltige Entwicklung. Ein solcher Zielkonflikt wurde denn auch schon vom Bundesrat in Bezug auf den Flughafen Zürich festgestellt  1, wobei es sich dort um eine Aktiengesellschaft handelt und nicht um eine öffentlich-rechtliche Unternehmung wie beim EuroAirport.

In seiner Analyse über die Zuständigkeiten in der Festlegung von An- und Abflugrouten am EAP  2  hält das Bundesamt für Zivilluftfahrt seine Einflussmöglichkeiten fest, wenn vitale Schweizer Interessen berührt werden. Als konkretes Beispiel wird die Notwendigkeit zur Ausscheidung von Lärmzonen infolge Fluglärmbelastung genannt. Die Interessen, welche die betroffenen Gemeinden   3  und die beiden Regierungen Basel-Stadt und Basel-Landschaft  4  im Vernehmlassungsverfahren zum ILS33 als klare Forderungen bekundeten, hat das BAZL nicht berücksichtigt. Heute werden fluglärmbedingt gesetzliche Lärmwerte lokal überschritten und weitere Regionen nähern sich diesen zunehmend an; dennoch bleibt das BAZL untätig.

Das BAZL beruft sich auf die vertraglichen Verbindlichkeiten mit Frankreich, welche die von der Schweizer Bevölkerung geforderte Fluglärmentlastung verhindern. Diese Verbindlichkeiten sind im Staatsvertrag von 1949 als "Einräumung von Hindernisfreiheit" nicht näher definiert, beinhalteten beim damaligen Stand der Technik aber kaum eine grosszügige Delegation des Schweizer Luftraums an Frankreich inklusive das Recht, darin eigenständig Flugrouten über Schweizer Territorium festzulegen. Davon abgesehen, dass vertraglichen Verbindlichkeiten mit politischem Willen geändert werden können, beweist Deutschland in Bezug auf den Flugbetrieb Zürich.

Während in Frankreich nebst der Luftfahrtbehörde (DGAC) eine eigenständige Fluglärmkontrollbehörde (ACNUSA) besteht, ist in der Schweiz für Luftfahrt und Fluglärmbelange allein das BAZL zuständig. Entgegen der Empfehlung der international anerkannten ACI (Airports Council International), die auf eine Konzentrierung des Flugverkehrs über wenig dicht besiedeltem Gebiet und auf eine räumliche Verteilung des Flugverkehrs über dicht besiedeltem Gebiet abzielt  5, unterstützt das BAZL die Einführung des ILS33 nicht nur kritiklos, sondern stellt die damit verbundene räumliche Konzentrierung des Flugverkehrs ‑ über sehr dicht besiedeltem Gebiet ‑ noch als positiv dar. (Früher verteilten sich die Sichtanflüge von Süden her vor allem über wenig dicht besiedeltem, elsässischem Gebiet grossflächig). In Sachen Flugrouten-
abweichungen, die eine räumliche Dispersion der Überflüge zu Lasten Schweizer Gebiete bewirken, wird das BAZL aber auch nicht aktiv, obwohl es die regelmässigen Verstösse zumindest im Rahmen seines Verwaltungsmandats beim EAP vorbringen könnte.

Qualität von Analysen und Studien, insbesondere der Lärmbelastungskataster

Die Analysen, die das BAZL zum Flugbetrieb und seinen Auswirkungen auf den Schweizer Siedlungsraum durchführt oder anfertigen lässt, sind häufig nicht neutral, da sie sich auf Daten des EAP oder der DGAC abstützen, und sie beruhen teilweise auf unzutreffenden Grundlagen.

In der Präsentation des ILS33-Projekts nannte das BAZL für den Zeitraum 2000-2004 jährliche Erfahrungswerte von 2'800-4'400 MVI34-Landungen bzw. 5.6-9.3 %  6 . Im FLK-Bericht 2004 sind indes im gleichen Zeitraum nur 2'059-3'462 MVI34-Landungen (5.4-8.3 % aller IFR-Landungen) ausgewiesen  7. Dass die Zahlen der FLK falsch waren, ist unwahrscheinlich, werden sie doch auch in Vereinbarung zum ILS33 genannt. Wie aber kam das BAZL zu höheren Zahlen?

Der Lärmbelastungskataster des BAZL von 2009 basiert auf einer völlig unrealistischen Pisten-benützungsverteilung  8, indem der Nebenpiste 26 eine Nutzungsquote für Starts von 22 % zugeteilt wird (real um 6 %) und der Anteil an Starts ab Piste 15 Richtung Süden nur 65 % beträgt (real 75-80 %). Auf die dem Lärmbelastungskataster zu Grunde gelegte Zielgrösse von 123'000 gewerblichen Flugbewegungen pro Jahr macht die falsche Pistenfrequentierung mehr als 9'000 Starts aus, welche das BAZL ausser Acht lässt (allgemeine Aviatik nicht mitgerechnet).

Der im Lärmbelastungskataster des BAZL zu Grunde gelegte Flottenmix ist mit einem zu grossen Anteil an TurboProp-Maschinen und kleinen Flugzeugen mit anderem Flugverhalten völlig veraltet. So machen Propellermaschinen wie DHC8, HS748A, SF340 darin einen Anteil von 40 % des gewerbsmässigen Verkehrs aus (Linien-, Charterflüge). Weitere 29 % sind dem kleinen Jet Embraer 145 zugewiesen. Tatsächlich erfolgt heute der Linien- und Charterverkehr am EuroAirport zu mehr als zwei Dritteln mit Airbus (A310- und A320-Familie), Boeing (B727- bis B767-Familie), Fokker (F70/100) und grösseren Embraers (EMB190). Dass dieser Unterschied lärmrelevant ist, bestätigt die Fluglärmkommission BS-BL indirekt: Sie wurde angefragt  9, weshalb TurboProp-Maschinen nicht dem Abkommen zu Direktstarts Süd unterworfen sind. Die Antwort lautete  10, dass das Abkommen auf die lauten Strahlflugzeuge, insbesondere MD80-Modelle, abzielte und nicht auf die "wesentlich leiseren" Propeller-Maschinen (wie SF2000), welche heute kaum mehr im Linienverkehr eingesetzt würden. Dass kleinere TurboProp-Maschinen weniger lärmintensiv sind als grössere Jets, hebt auch das BAZL in einer Ankündigung von nächtlichen Kalibrierungsflügen am Flughafen Genf hervor  11.

Der Flottenmix im Lärmbelastungskataster stimmt bezüglich Flugzeuggrösse (gemessen an der Passagierkapazität) auch überhaupt nicht mit der vom BAZL beauftragten Studie von 2005 zur Entwicklung der Luftfahrt überein  12. Hierin werden für den EAP bereits für das Jahr 2004 ganz andere Daten zur Grösse von Passagierflugzeugen (und zum Frachtfluganteil) ausgewiesen. Auch die Statistiken zu Passagieren und Flugbewegungen im Linien- und Charterverkehr beweisen eine Steigerung der Passagierbelegung pro Flugzeug auf das Doppelte zwischen 2002-2006  13  14, womit die Passagierzahl pro Maschine am EAP deutlich stärker gestiegen ist als an den andern Landesflughäfen. Bestätigt wird der klare Trend zu grösseren (und lauteren) Maschinen in einer weiteren Studie von 2011  15  und in den Statistiken des EuroAirports  16.

Sehr befremdlich ist, dass die DGAC offensichtlich 2008 neue Lärmbelastungskarten aufgrund von neuen Ausgangsdaten erstellt hat, welche einen Flottenmix nach Crossair-Zeiten, aktuelle Pistenbenützungsraten und im Prognoseszenario eine weitere Piste parallel zur Hauptpiste berücksichtigen  17  18, derweil sich der Lärmbelastungskataster vom BAZL, der Ende 2009 publiziert wurde, noch auf eine Datenbasis der Jahrtausendwende beruft. Bei der DGAC liegen im Prognoseszenario zur Tageslärmbelastung (Lden) übrigens grosse Gebiete Allschwils inklusive Dorfkern in einer Zone mit 55-60 dB!

Der Flottenmix wirkt sich direkt auf die Lärmemissionen aus  19, wobei die Annahme, neuere Flugzeuge seien aufgrund verbesserter Technologie weniger lärmintensiv, falsch ist  20, weil die Lärmemission eines Triebwerks auch von seiner Leistungsstärke abhängt. Diese steigt mit der Flugzeuggrösse und nimmt bei neueren Modellen eher noch stärker zu. Ein solcher Trend manifestiert sich auch am EAP: Im kurzen Zeitraum zwischen 2009 und 2011 war der prozentuale Anteil an Starts mit Lärmwerten von 70-74 dB über Binningen rückläufig, dafür stieg jener mit Lärmwerten zwischen 75-79 dB (siehe 26 Zahlen und Fakten). - Somit können auch die berechneten Lärmbelastungszonen  21  nicht stimmen, zu deren Kontrolle die real gemessenen Lärmwerte denn auch nicht beigezogen wurden. Anders lässt sich nicht erklären, dass die tatsächlichen Lärmverhältnisse bei sehr viel weniger Flugverkehr, als in den Lärmberechnungen berücksichtigt ist, viel grossräumiger bereits nahe an die Planungswerte für Wohnzonen herankommen und diese zeitweilig bereits überschreiten  22. Ausgeführt wurden die Berechnungen im Lärmbelastungskataster des BAZL übrigens von der DGAC  23  und nicht von unabhängiger Stelle. Ob das verwendete Berechnungsmodell die Geländetopographie berücksichtigte, wäre ebenfalls zu prüfen.

So dehnt sich das von Fluglärm belastete Gebiet auf Schweizer Seite immer weiter aus und der Fluglärm wird intensiver: Bereits Ende 2008 stellte die französische Fluglärmkontrollbehörde anhand eines neuen Lärmbelastungskatasters für französisches Territorium einen Vergrösserung des Lärmteppichs im Süden des Flughafens fest  24. Erstaunlicherweise veröffentlich die ACNUSA diese Lärmbelastungskarte im Gegensatz zu andern nicht auf ihrer Website. Allein von 2009 auf 2011 registrierte die kommunale Messstation in Binningen in 5.4 km vom Pistenende 15/33 eine Steigerung von Starts mit Lärmwerten ab 70 dB um 54 %, obwohl der gewerbliche Flugverkehr nur um 17.7 % anstieg.

Auch in Bezug auf den nächtlichen Fluglärm kann der Lärmbelastungskataster des BAZL nicht stimmen. Er beruht auf der Annahme, dass 6.8 % aller Flugbewegungen in den Nachtstunden stattfinden (10'015 von 147'006 Flugbewegungen)  25. Tatsächlich liegt der Nachtfluganteil seit 2006 aber bei rund 10 % und ist damit um 47 % grösser als im Lärmbelastungskataster berücksichtigt!

Der vom BAZL im Mai 2012 vorgelegte Entwurf zum SIL-Objektblatt Flughafen Basel-Mulhouse  26  stützt sich auf den Lärmbelastungskataster von 2009, Lärmberechnungen verschiedener Flugverfahren von 2001  27  (inklusive verlängerter Ost/Westpiste, obwohl sie genauso wenig genutzt wird wie vor der Verlängerung)  und den Plan d'exposition au bruit der DGAC von 2004. Die Aussage "Vergleich mit den Betriebsdaten von 2006 zeigt, dass die Annahmen nach wie vor korrekt sind" stimmt bezüglich Verteilung der Starts auf die Pisten 15, 26 und 33 überhaupt nicht, wie der Vergleich mit dem Umwelt-Bericht 2006 vom EAP  28  oder mit dem FLK-Bericht 2007  29  zeigt (worin übrigens 559 Landungen mehr ausgewiesen sind als Starts, was neuerlich die Platzfrage am EAP aufwirft (siehe 18 Informationsqualität). In der Präsentation verweist das BAZL auf ein Flugverfahren-Szenario 3B+, das in der Dokumentation von 2001 zu den Startrouten gar nicht existiert, dessen Pistennutzungsraten betreffend Starts ebenso wenig den realen Verhältnissen entsprechen wie im Lärmbelastungskataster von 2009 und auf zwei Folgeseiten der Präsentation erst noch nicht identisch sind. - Es müsste dem BAZL bekannt sein, dass die Nebenpiste 08/26 mit Verweis auf die Flugzeuggrössen kaum benützt, sondern fast der gesamte Flugverkehr auf der Hauptpiste 15/33 abgewickelt wird, was sich auf Schweizer Seite markant in der Lärmbelastung sowie im Einzel- und Gruppenrisiko auswirkt.

Ebenda beziffert das BAZL die Quote für das Abflugverfahren Hochwald direkt (Direktstarts Süd) mit 2.9 %, was bei den zu Grunde gelegten 147'000 Flugbewegungen bzw. 73'500 Starts 5.8 Direktstarts pro Tag bedeuten würde. Die diesbezügliche Vereinbarung sieht aber fix 8 Direktstarts pro Tag als Maximum vor, also deutlich mehr. Es ist anzunehmen, dass die falsche Datenbasis auch im Lärmbelastungskataster verwendet wurde, wodurch die Lärmwirkung südlich des Flughafens zusätzlich unterschätzt wird.

In der Präsentation zum SIL-Objektblatt Flughafen Basel-Mulhouse beruft sich das BAZL auf die Schweizer Lärmschutzverordnung  30 und den französischen Plan d'Exposition au Bruit  31. Zwar weist es darauf hin, dass Letzterem eine andere Berechnungsmethode zu Grunde liegt, verschweigt aber, dass in Frankreich tiefere gesetzliche Lärmgrenzwerte gelten als in der Schweiz und die französische Berechnungsmethode bei gleicher Datenlage zu höheren Werten führt  32, womit die französischen Flughafenanrainer in Bezug auf Lärmschutz a priori besser gestellt sind als die Schweizer Anrainer. Kämen in der Schweiz die gleichen Massstäbe zur Anwendung wie in Frankreich, wäre die Zahl "gesetzlich festgestellter" Lärmbetroffener (mit Anspruch auf Entschädigung) grösser und womöglich heute schon höher als in Frankreich.

Im Entwurf zum SIL-Objektblatt Flughafen Basel-Mulhouse steht, dass die darin enthaltenen Festlegungen mit der kantonalen Richtplanung abgestimmt sei  33. Im Falle des Kantons Basel-Landschaft stimmt dies so nicht: Der Richtplan, welcher vom Bundesrat 2010 genehmigt wurde und der bezüglich Fluglärmbelastung keinerlei Bedarf sah, raumplanerische Konsequenzen zu ziehen  34, wird nun einfach dem SIL-Objektblatt Flughafen angepasst. Dies erfolgt mittels Siedlungsbegrenzung im unzulässig fluglärm-belasteten Gebiet (derzeit Allschwil).

In Wirklichkeit wird also in diesem Objektblatt die Raumnutzung auf den Flughafenbetrieb abgestimmt (siehe 05 Sach- und Raumplanung). Als Wirkung werden räumliche Festlegungen genannt, woraus Baubeschrän-
kungen und Bauauflagen in den am stärksten
lärmbelasteten Zonen folgen. Handlungsanweisungen an Schweizer Vertreter im EAP-Verwaltungsrat bei Entscheiden zu baulichen und betrieblichen Entwicklungen des Flughafens mit dem Ziel, die Flugimmissionen auf Schweizer Seite zu minimieren, enthält das Objektblatt indessen keine.

Ungeachtet der flankierenden Massnahmen zu Nachtflugeinschränkungen  35, die in den Abstimmungs-

unterlagen zur finanziellen Beteiligung der Kantone BS und BL an die Pistenverlängerungen versprochen wurden und die dem BAZL bekannt sein müssen, veröffentlicht das BAZL in einer Studie zur Luftfahrtentwicklung Prognosen  36, die eine starke Zunahme des Frachtverkehrs am EAP insbesondere in den Nachtrandstunden (nach französischer Regelung) in Aussicht stellen. Im Vergleich zum Jahr 2000 wird das Ausbaupotential im Frachtumschlag (in Tonnen) am EAP bis 2020 auf ein Plus von 47 % geschätzt, bis 2030 auf 76 %, unveränderte Nachtsperrzeiten vorausgesetzt. Unter Einbezug dieser Perspektiven wird der Lärmbelastungskataster vom BAZL noch fragwürdiger.

Die vom BAZL in Auftrag gegebene Wetterstudie   37  basiert auf Winddaten des EAP und insbesondere auf dessen ILS33-Statsitik, woraus auf die Nordwindsituation zurückgeschlossen wurde, womit ein Zirkelschluss vorliegt. Eine derartig aufgebaute Studie ermangelt jeglicher Objektivität.

Aus unerklärlichen Gründen nennt das BAZL für ILS-Landungen auf Piste 33 höhere Mindestsichtweiten in vertikaler wie horizontaler Richtung als die ICAO für die betreffende Kategorie I vorsieht  38  39. Mit der Einstufung dieses Landeverfahrens nur als Kategorie I (im Gegensatz zum ILS15 als Kategorie III mit dem Standard-Gleitwinkel von 3°) wird dem Umstand bereits Rechnung getragen, dass hier flugtechnisch weniger günstige Bedingungen vorliegen. Diesen Umstand als Begründung einer noch grösseren Mindestsichtweite zu bemühen, als die ICAO vorgibt, ist nicht nachvollziehbar.

In den jährlichen Analysen zum ILS33-Betrieb werden z.B. schlechte Sichtbedingungen als Grund für eine ausserordentliche Zunahme der Südlandequote aufgeführt  40  (obwohl diese Situation vorab als Argument hinsichtlich Flugsicherheit bemüht wurde und somit in der Limite von 8 % mit einkalkuliert war  41), dann wieder als Grund, weshalb trotz gegenteiliger Verlautbarungen während der Vernehmlassung das ILS33 bei Nordwind doch nicht benützt werden konnte  42  und deshalb zufälligerweise die Jahresquote im Hundertstel-Bereich unter 10 % blieb.

Das BAZL führt auf seiner Website eine Liste aller in der Schweiz registrierten Luftfahrzeuge  43. Entgegen der einleitenden Beschreibung enthält die Liste aber keine Angaben zur lärmabhängigen Gebührenklasse einer Maschine. Und im Lärmzeugnis, welches das BAZL jeder in der Schweiz registrierten Maschine ausstellt, sind zwar Maschinen- und Triebwerktyp sowie Lateral-, Lande- und Überflug-Lärmpegel ausgewiesen, die sich daraus ableitende Lärmklasse wird vom BAZL aber nicht definiert  44 . Die Lärmklasse, nach Flugzeug-Triebwerktyp-Konfiguration im offiziellen ACI-Noise Rating Index festgelegt  45, entscheidet über die Höhe der Lärmgebühren, welche an die Flughäfen zu entrichten sind. ‑ Es stellt sich die Frage, weshalb das BAZL diese Einteilung nicht vornimmt, sondern den Flughäfen überlässt (siehe 15 Gebührensystem).

Betriebsbewilligungspraxis

Während das BAZL die ICAO-Empfehlung als zwingend erachtet, bei 5 kn Rückenwind das Betriebssystem am EuroAirport  auf Südlandungen umzustellen und damit die dicht besiedelte Basler Agglomeration überfliegen zu lassen,  scheinen andere Massstäbe für den Flughafen Zürich zu gelten. Dort werden vom BAZL staatspolitische Aspekte im Fluglärmkampf von Seiten Deutschland offensichtlich höher gewichtet als Flugsicherheitsstandards, weshalb Zeitfenster bestimmen, wann das Pistenbetriebssystem windbedingt umgestellt wird. Hierfür wurden allem Anschein nach auch Sicherheitszonen regelwidrig angepasst  46.

Zur Erinnerung: Vor 2002 wurde am EAP das Anflugregime erst bei Nordwindstärken ab 10 kn auf das damalige Sichtflugverfahren von Süden umgestellt. Auf Empfehlung der französischen Fluglärm-

kontrollbehörde ACNUSA wurde die Regelung auf 5 kn reduziert, um die elsässischen Gebiete von Fluglärm zu entlasten. Die Flugsicherheit wurde im Zuge dieser Praxisänderung mit keinem Wort thematisiert (siehe 21 ACNUSA).

In einem Punkt stimmt die Bewilligungspraxis des BAZL in Zürich und Basel überein: Die Schweizer Bevölkerung wird so nicht nur grösserem Fluglärm ausgesetzt, sondern auch einem erhöhten Gruppenrisiko.

Fazit

Es stellt sich die Frage, ob das BAZL seine Aufgabe nur einseitig zu Gunsten eines Ausbaus der Zivilluftfahrt wahrnimmt  und damit gegen seinen Auftrag verstösst  47, für eine nachhaltige Entwicklung besorgt zu sein, worin gesellschaftliche und ökologische Auswirkungen berücksichtigt werden und die Vermeidung negativer Effekte aktiv angestrebt wird.

Das französische Pendant zum BAZL ist die DGAC (Direction Générale de l'Aviation).

 

20-01   Bericht über die Luftfahrtpolitik der Schweiz. 05.011. Schweizer Bundesrat, 10. Dez. 2004 (S. 1883)
Die Eidgenossenschaft bringt ihre spezifischen Interessen indes durch ihren Vertreter im Verwaltungsrat – auch wenn dieser primär verpflichtet ist, die Interessen der Gesellschaft zu vertreten – und über die im OR festgeschriebenen Aktionärsrechte ein.

20-02   Die Zuständigkeiten zur Festlegung von An- und Abflugrouten des Flughafens Basel-Mülhausen. Bundesamt für Zivilluftfahrt,  1. Dez. 1987 (S. 12)

20-03   ILS34 - Öffentliche Anhörung - Zusammenfassung der genannten Forderungen und Argumente. Finanz- und Kirchendirektion Basel-Landschaft, 2005

20-04   Stellungnahme des Kantons Basel-Stadt zum Projekt ILS34 am Flughafen Basel-Mulhouse. 30. Aug. 2005

20-05   Policies and Recommended Practices Handbook 2009. Airports Council International. Geneva (Sektion 6, S. 6) :
6.1.6 Noise abatement procedures can be used to help reduce aircraft noise levels. Operational noise abatement procedures
Measures can include:       
- Noise abatement take-off procedures such as limitations of power and flap management
- Noise abatement approach procedures such as continuous descent approaches (CDA)   
- Preferential flight track or runway use       
- Concentration of flights over non-populated or non-noise sensitive areas
- Dispersion of flights of populated areas or noise sharing
- Flight re-scheduling         
- Displaced take-off and landing thresholds           
- Restrictions on engine run-ups and/or ground equipment use

20-06   Instrumentenlandesystem Piste 34 auf dem Flughafen Basel-Mülhausen. BAZL, April 2005 (S. 20)

20-07   Bericht der Fluglärmkommission über das Jahr 2004. FLK, 9. Juni 2005 (S. 5)

20-08   Landesflughafen Basel-Mulhouse, Lärmbelastungskataster. BAZL, Nov. 2009 (S. 14)

20-09   Schreiben an FLK von K. Joos Reimer, 9. Juli 2012:

Wie begründet die FLK den Fakt, dass Nicht-Jets diese Startroute benützen, wenn das Abkommen von 1998 südliche Direktstarts explizit auf 8 Strahl-Flugzeuge pro Tag beschränkt, ohne Hinweis darauf, dass für andere Flugzeuge keine Einschränkung gilt (woraus zu schliessen ist, dass andern Flugzeugen diese Route gar nicht zur Verfügung steht)?

20-10   Antwortschreiben von FLK an K. Joos Reimer, 25. Okt. 2012:

Die 1998 getroffene Vereinbarung hatte stets nur die Regelung der Starts von Strahlflugzeugen auf der sogenannten Direktstartroute zum Gegenstand, dies vor dem Hintergrund der seinerzeit von der Gesellschaft Crossair eingesetzten lauten Flugzeuge vom Typ MD 80. Die wesentlich leiseren Turbo-Prop-Flugzeuge (Typ Saab 2000) wurden nicht betrachtet. Unterdessen finden sich im Linienverkehr fast keine Turbo-Prop-Maschinen mehr, weswegen diese Flugzeugart für die Fluglärmthematik kaum mehr relevant ist.

20-11   Flughafen Genf: BAZL bewilligt Nachtflüge zur Kalibrierung des Instrumentenlandesystems. Medienmitteilung. BAZL, Bern 11. Okt. 2012:
Die Flüge werden mit einem Propellerflugzeug durchgeführt, das weniger Lärm verursacht als ein Strahlflugzeug.

20-12   Entwicklung des Luftverkehrs in der Schweiz bis 2030 - Nachfrageprognose. Intraplan Consult GmbH, München, Aug. 2005 (S. 82 und 85)

20-13   www.bfs.admin.ch / Mobilität und Verkehr / Luftverkehr / Jahresstatistik
Bewegungen im Luftverkehr - Linien- und Charterverkehr (Lokal- und Transferpassagiere) 1950-20111

20-14   www.bfs.admin.ch / Mobilität und Verkehr / Luftverkehr / Jahresstatistik
Passagiere im Luftverkehr - Linien- und Charterverkehr (Lokal- und Transferpassagiere) 1950-2011
(Passierbelegung aus Anzahl Flugbewegungen und Passagieren pro Jahr zu ermitteln. Hinweis: Frachtflüge sind im Linien- und Charterverkehr miteinbezogen, wodurch die Passagierbelegung pro Maschine nach unten verzerrt wird.
Für die letzten Jahre ergeben sich exaktere Werte der Passagierbelegung anhand der EAP-Monatsstatistiken.)

20-15   Volkswirtschaftliche Bedeutung der Zivilluftfahrt in der Schweiz. BAZL/Aerosuisse, 30. Mai 2011 (S. 41)

20-16   www.euroairport.com / Der EuroAirport / Wir über uns / Statistiken

20-17   Carte de bruit. DGAC

20-18   Erläuterungen zur 'carte de bruit'. (vermutlich DGAC)

20-19   Fluglärmmonitoring Flughafen Frankfurt Main. Bericht 422'293, EMPA, Dübendorf, 23. Juni 2003 (S. 37)
Einflüsse der Flughafen-Modellierung        
Die Abbildung des Flughafenbetriebs in die Eingabedaten für die Berechnungen ergibt Einflüsse auf die Berechnung, die auf Grund unzureichender Eingabedaten entstehen. Hierzu gehören unzutreffende Annahmen beim Flottenmix und der Anzahl Flugbewegungen, Abweichungen bei den angenommenen Flugrouten und Flugbahnen von den realen, aber grundsätzlich unbekannten Flugbahnen, Unterschiede bei der individuellen Leistungssetzung und Konfiguration der verschiedenen Flugzeuge usw.
Diese Einflussgrössen liegen ausserhalb des eigentlichen Berechnungsvorgangs und können dementsprechendreduziert werden, je sorgfältiger und genauer die der Berechnung zu Grunde liegenden Eingabedaten erhoben werden.

20-20   Belastungsgrenzwerte für den Lärm der Landesflughäfen. Schriftenreihe Umwelt Nr. 296, BUWAL, Sept. 1997 (S. 29)     
Die neuen Technologien erlauben aber auch den Bau wesentlich leistungsstärkerer Triebwerke. Der Einsatz solcher leistungsstarker Triebwerke in grösseren Flugzeugen relativiert deshalb die Reduktion der Emissionen für das einzelne Flugzeug.

20-21   Fluglärmmonitoring Flughafen Frankfurt Main. Bericht 422'293, EMPA, Dübendorf, 23. Juni 2003 (S. 39)
Die auf den Karten dargestellten Lärmbelastungskurven reagieren sehr empfindlich auf kleine Veränderungen der Belastung. Wenn sich z.B. im Gebiet der Leq Belastungskurven von 55 bis 60 dB die Bela­stung um nur ein dB verändert, so hat dies auf der Lärmkarte eine gut sichtbare Verschiebung der Kurve zur Folge und die von der Kurve eingeschlossenen Fläche verändert sich um etwa 20 %.

20-22   www.dfld.de / Lärmwerte der verschiedenen Messstationen

20-23   Landesflughafen Basel-Mulhouse, Lärmbelastungskataster. BAZL, Nov. 2009 (S. 13)

20-24   Avis de l' Autorité sur le projet de révision du plan de gêne sonore de l’aéroport de Bâle - Mulhouse. Paris, 10. Dez. 2008. ACNUSA. Paris, 10. Dez. 2008

20-25   Landesflughafen Basel-Mulhouse, Lärmbelastungskataster. BAZL, Nov. 2009 (S. 14)

20-26   Sachplan Infrastruktur Luftfahrt (SIL), Objektblatt Flughafen Basel-Mulhouse. Entwurf. BAZL, 23. Mai 2012

20-27   Lärmberechnungen für unterschiedliche Flugverfahren, EAP, 2001
(auf Anfrage beim EuroAirport zu beziehen)

20-28   Umwelt-Bericht 2006. EAP (S. 3)

20-29   Bericht der Fluglärmkommission über das Jahr 2007. 16. Juli 2008 (S. 12)

20-30   Lärmschutz-Verordnung. 814.41, Stand 1. Juli 2008

20-31   Plan d'Exposition au Bruit. ACNUSA, Paris

20-32   Belastungsgrenzwerte für den Lärm der Landesflughäfen. Schriftenreihe Umwelt Nr. 296, Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft. Bern, 1998 (S. 42)
Anmerkung: Umrechnung L(eq) - L(den) auf www.dfld.de möglich

20-33   Sachplan Infrastruktur Luftfahrt (SIL), Teil IIIC, Objektblatt Flughafen Basel-Mulhouse. Entwurf. BAZL, 23. Mai 2012 (S. 2)

20-34   Kantonaler Richtplan Basel-Landschaft. 8. Sept. 2010 (S. 26)         
Ebenfalls kein Handlungsbedarf besteht im Bereich des Fluglärms. Im Kanton Basel-Landschaft sind heute gemäss
Fluglärmkataster des Bundes ganze drei Gebäude mit insgesamt ca. 10-20 Personen durch Fluglärmimmissionen über dem Grenzwert betroffen.

20-35   Kantonale Volksabstimmung: Grossratsbeschluss betreffend Verlängerung der Hauptpiste des Flughafens Basel-Mülhausen sowie Richtlinien über Massnahmen betreffend den Fluglärm aus dem Betrieb des  Flughafens Basel-Mülhausen. 5.-7. Nov. 1976:           
4. Der Regierungsrat wacht darüber, dass die auf dem Flughafen Basel-Mülhausen angeordneten Nachtflugbeschränkungen den Einschränkungen auf den schweizerischen Landesflughäfen Genf und Zürich angeglichen werden. Er wirkt insbesondere dahin, dass die praktische Anwendung, namentlich hinsichtlich bewilligter Ausnahmen, mit den schweizerischen Landesflughäfen übereinstimmt.

20-36   Entwicklung des Luftverkehrs in der Schweiz bis 2030 - Nachfrageprognose. Intraplan Consult GmbH, München, Aug. 2005 (S. 8):
(S. 68) Der Marktanteil von Basel-Mulhouse steigt deutlich. Dies ist die Folge davon, dass in EAP in den Nachtrandstunden im Gegensatz zu Zürich die Verkehrseinschränkungen geringer sind.
Dies ist bei der Fracht von grosser und zunehmender Bedeutung. Im Falle von EAP kommt hinzu, dass dieser Flughafen davon profitiert, dass mit dem Ausbau von Frankfurt Main eine Verschärfung der dortigen Nachtflugregelungen verbunden sind.   
(S. 71) Die Prognose für den Flughafen Basel-Mulhouse ist dagegen vergleichsweise optimistisch (Abb. 5-7). Das Aufkommen der Region Basel, der Nordschweiz insgesamt (siehe oben Kap. 5.1) und des Rheingrabens (Baden, Elsass) könnte künftig vermehrt Frachter-Verbindungen ab Basel rechtfertigen, auch als Ersatz für künftig nicht mehr ab Frankfurt Main mögliche Nachtflüge der Lufthansa Cargo (LCAG). Die hier im Rahmen der vorliegenden Prognosen durchgeführten Modellrechnungen zeigen hierzu vielversprechende Ergebnisse.

20-37   Meteorologische Studie Nord(Wind)-Situation Flughafen Basel-Mulhouse. DWD, Jan. 2011 (S. 5 und 6)

20-38   Vertiefte Analyse der Gründe für die Benutzung des Anflug-Verfahrens ILS33 auf dem Flughafen Basel-Mulhouse, Jahr 2010. BAZL (S. 12):           
Für das Verfahren ILS 33 (ICAO-Kategorie I) haben die folgenden Minimalwerte Gültigkeit:  
200 bis 230 Fuss Wolkenabstand (61 bis 70 m), je nach Flugzeuggrösse; und 1'000 m Sichtweite

20-39   International Standards and Recommended practices, Annex 6. ICAO, Juli 2001:    
Categories of precision approach and landing operations: 
Category I (CAT I) operation: A
precision instrument approach and landing with a decision height not lower than 60 m (200 ft) and with either a visibility not less than 800 m or a runway visual range not less than 550 m.

20-40   Vertiefte Analyse der Gründe für die Benutzung des Anflug-Verfahrens ILS33 auf dem Flughafen Basel-Mulhouse, Jahr 2008, BAZL (S. 12 und 14):           
Weiter bleibt festzuhalten, dass die an 24 Tagen erfolgten 360 Landungen gemäss dem Verfahren ILS 33 auf die vorherrschenden meteorologischen Bedingungen zurückzuführen sind, welche Landungen gemäss dem früher angewendeten Verfahren «MVI 34» verunmöglicht hätten. Sieht man von diesen 360 Landungen ab, die wegen der Nutzung des ILS 33 unter höheren Sicherheitsbedingungen durchgeführt werden konnten, würde der Anteil der Landungen nach dem Verfahren ILS 33 bei 7,9 % sämtlicher Landungen nach Instrumentenflug-Regeln liegen.

20-41   Vernehmlassungsbericht Flughafen Basel-Mulhouse. DGAC März 2005 (S. 29):       
Da die Piste 16 nicht mehr eingesetzt werden wird, wenn bei tiefer Wolkenuntergrenze Windverhältnisse herrschen, die eigentlich die Nutzung der Piste 34 rechtfertigen würden, wird der Benützungsgrad der Piste 34 nur geringfügig höher sein als heute.

20-42   Vertiefte Analyse der Gründe für die Benutzung des Anflug-Verfahrens ILS33 auf dem Flughafen Basel-Mulhouse, Jahr 2010. BAZL (S. 12):           
Während die minimalen Wolkenabstand- und Sichtweiten-Werte zwingend gegeben sein müssen, damit eine Flugzeug-Besatzung
das entsprechende Verfahren nutzen kann, gilt dies nicht im gleichen Sinn für die Windverhältnisse.

20-43   http://www.bazl.admin.ch/fachleute/luftfahrzeugregister/index.html?lang=de:          
Das schweizerische Luftfahrtzeugregister verzeichnet alle in der Schweiz registrierten Luftfahrzeuge. Es enthält detaillierte Auskünfte über den Eigentümer und Halter, den Typ des Luftfahrzeuges, das Baujahr, die Seriennummer, das maximales Startgewicht (MTOM) und die Lärmabhängige Gebührenklasse.

20-44   Lärmzeugnis des BAZL für HB-JZX

20-45   ACI Aircraft Noise Rating Index. Airports Council International. 2010

20-46   Der Südanflug verletzt internationale Normen. SonntagsZeitung, 31. März 2013 (S. 5)

20-47   www.bazl.admin.ch:           
Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) ist für die Luftfahrtentwicklung und die Aufsicht über die zivile Luftfahrt in der Schweiz zuständig. Das BAZL gehört zum Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und
Kommunikation (UVEK) und ist dafür verantwortlich, dass die Zivilluftfahrt in der Schweiz ein hohes Sicherheitsniveau aufweist und eine nachhaltige Entwicklung verfolgt.
Nachhaltigkeit ergibt sich aus der ausgewogenen Berücksichtigung der drei Schlüsselfaktoren wirtschaftliche Effizienz, gesellschaftliche Solidarität und Schutz der natürlichen Umwelt.     
Das BAZL übernimmt seine
Verantwortung im Bereich der nachhaltigen Entwicklung, indem es die heutigen und künftig möglichen wirtschaftlichen, ökologischen und gesellschaftlichen Auswirkungen des Luftverkehrs auf die Schweiz im Sinne von Nachhaltigkeitsbeurteilungen untersucht und bestehende Handlungsmöglichkeiten zur Optimierung und Vermeidung negativer Effekte aufzeigt und prüft.